Die Knochenuhren by Mitchell David

Die Knochenuhren by Mitchell David

Autor:Mitchell, David [Mitchell, David]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783644047211
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2016-03-11T16:00:00+00:00


Viele Cocktails später geleite ich einen sturzbesoffenen Richard Cheeseman in den Fahrstuhl und hinauf in sein Zimmer. «Komm – komm schon klar, Crisp … binnn nich so b-betrung, wie’s aussieht.» Der Fahrstuhl geht auf, und wir gehen hinein. Er schwankt wie ein bekifftes Kamel im Wirbelsturm. «Mo-mommment, hab die Schhhhimmernummer vergesn, ich –», Cheeseman zückt das Portemonnaie und lässt es fallen. «– aah, fuckekackepissmist.»

«Darf ich?» Ich hebe die Börse auf, nehme die Schlüsselkarte samt Hülle heraus – 405 – und gebe sie ihm zurück. «Bitte sehr, der Herr.»

Cheeseman nickt dankbar und lallt: «W-wenn die Zzzahln vom Schhhhimmer … neun ergebm, Hersh, sch-tirbs du nich daaa drin.»

Ich drücke auf 4. «Nächster Halt Ihr Zimmer.»

«Lass ma. Finschon nach Hause.»

«Ich sehe es als meine moralische Pflicht, Sie wohlbehalten bis zu Ihrer Zimmertür zu bringen, Richard. Keine Angst, meine Absichten sind rein ehrenhaft.»

Cheeseman grölt: «Bisauchnich mein Typ, zuuu weiß un’ zuuu schhh-laff.»

Ich sehe mich in der verspiegelten Fahrstuhlwand und erinnere mich an einen weisen Mann, der einst sagte, das Geheimrezept zum Glücklichsein sei, sich nie in Fahrstuhlspiegeln zu betrachten, sobald man die vierzig überschritten hat. Dieses Jahr werde ich fünfzig. Der Fahrstuhl macht pling, und wir treten hinaus auf den Gang, vorbei an einem drahtigen, sonnengebräunten Seniorenpaar. «H-hier war mal ’nnnnnn Kloster», klärt Cheeseman sie auf, «voll mit Jungfraun», und dann singt er einen frühen Hit von Madonna. Wir schlurfen über den einseitig offenen Gang, neben uns die karibische Nacht. Einmal schräg um die Ecke, und wir stehen vor der 405. Ich ziehe Cheesemans Karte durchs Schloss, und die Türklinke gibt nach. «Rotzblitz», sagt Cheeseman, «schon … schon da?»

Im Zimmer brennt die Nachttischlampe. Der Killer meines Comeback-Romans taumelt zum Bett, stolpert über seinen Koffer und platscht bäuchlings auf die Matratze. «Isjanding», brabbelt Monsieur Le Critique und wird von einem Lachanfall erschüttert. «’s Enf-fant telbel der b-briddischen Li’ratur bee-gleitet mich.»

Ja, wirklich urkomisch, sage ich, und gute Nacht, und morgen um elf würde ich von der Rezeption aus anrufen. «Mir geh’s spizze», lallt er, «Superduperspizznmäßig.»

Der Kritiker Richard Cheeseman pennt ein, mit von sich gestreckten Armen.



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